Wir fahren früh los, um die 4-stündige Fahrt nach Granada rechtzeitig zum Lunch hinter uns zu bringen. Und der Plan geht auf: Wir erreichen die prunkvolle Studentenstadt gegen Mittag, parkieren den Bus und gehen zu Fuss weiter:
Wir schlendern noch bis in den Abend umher, bevor wir uns dann bereits lange nach Einbrch der Dunkelheit in einem Camping einfinden.
Kurz vor der Sierra Nevada liegt Cenes de la Vega. Hier könne man gut fliegen, heisst es. Das will getestet werden. Der Startplatz bietet eine spektakuläre Aussicht:
Nach schönen jedoch eher kurzen Flügen erkunden wir ein weiteres Highlight der Region: Die Termas de Santa Fe, eine in verlassenen Olivenhainen zur Hippie-Kommune verwandelte natürliche Thermallandschaft.
Eine schräge Atmosphäre schlägt einem entgegen, wenn man hier zwischen improvisierten Bauten, Dauer-Campern und Olivenbäumen hindurchfährt. Noch schräger wurde es, als gegen 21 Uhr die Generalprobe fürs bevorstehende Festival startete und bis tief in die Nacht dauerte.
Nach dem Bad verlassen wir diesen speziellen Ort und fahren das nächste Ziel an. Ganz in der Nähe liegen drei Andalusische Bergdörfer, die wir uns anschauen möchten. Wir beginnen eine Wanderung am untersten Dorf Pampaneira, steigen Aufwärts in Richtung Bubion und sind direkt vom urigen Charakter des Dorfes fasziniert.
Die unzähligen Marroni- und Nussbäume entlang des Weges laden ein, die Rucksack-Taschen zu füllen, was wir auch tun. immer wieder bleiben wir stehen, trennen die Kastanien von ihren stacheligen Hüllen und sorgen dafür, dass der Rucksack ja nicht zu leicht wird. Am Ende haben wir eine beachtliche Beute:
Schwer bepackt und satt von typischer Alpujarra-Kost geht es nun wieder zurück zur Küste. Es gilt unfliegbares Wetter „auszusitzen“, und so suchen wir uns einen schönen Platz am Meer in Almuñécar. Hier treffen wir auch den spanischen Aussteiger Alberto, der seit 6 Jahren im Bus wohnt und immer gerade da ist, wo man Surfen, Kiten oder Fliegen kann.
An der Strandpromenade kann man parken, es hat eine Dusche und eine Toilette und Alberto versichert uns, dass es ausserhalb der Saison hier sowieso keinen interessiert wo irgendjemand schläft. Also bleiben wir einfach.
Trotz der fantastischen Aussicht tauschen wir am nächsten Morgen den Platz an der Strasse gegen einen Platz an der Klippe. Eine gute Entscheidung.
Nach all der Szenerie ist auch mal wieder Arbeit angesagt. In einer der vielen Ferreterias, Spaniens Eisen- und Gemischtwarenläden, finden wir Teile, um die lose Kühlschrank-Schiene wieder an Ort und Stelle zu halten.
Nachdem zwei Schrauben und mehrere Gramm Metall fest im Auto verschraubt wurden, gehts weiter zum Gleitschirm-Mekka Algodonales. Nicht jedoch ohne Zwischenstopp in Ronda. Hier kann man nur staunen und die Eindrücke auf sich wirken lassen.
Mit müden Beinen aber satt durch Tapas und Burger nehmen wir beeindruckt von Ronda Abschied. Nun geht’s weiter zur CIVA bei Algodonales, dem inoffiziellen Gleitschirm-Hauptquartier hier.
CIVA bietet vielerlei Vorteile: Man ist direkt vor Ort, es hat viel lokales Fluggebiets-Knowhow und eine Ausstattung, die einem Campingplatz in nichts nachsteht – für 5.- Euro pro Tag und Person.
Trotz all dieser Argumente sind unsere Flugerfahrungen hier spärlich gesät. Am ersten „Flugtag“ fahren wir vom Startplatz Poniente wieder mit dem Auto runter. Der starke Wind kommt in Böen und treibt einen mutigen Piloten kurz nach dem Start sogar rückwärts in die Büsche.
Nach einem geselligen Rest des Tages, in dem die gemütliche Flieger-Bar, an der man für einen Euro ein Bier zapfen kann, die Hauptrolle spielt, versuchen wir uns am nächsten Tag an einem anderen Startplatz. Der Wind heute passt, aber das ist auch anderen Piloten aufgefallen.
Wir geniessen wunderbare Flüge und sind mit der Ausbeute zufrieden, auch wenn wir uns in der schwachen Termik nicht sehr lange in der Luft halten können. Zum Sonnenuntergang fahren wir wieder zurück und tauschen begeistert Geschichten aus, wie wir mit den Gänsegeiern um die Wette kreisten.
Am nächsten Tag nehmen neue Schottische Freunde Anna zum Fliegen mit. Ich fühle mich nicht besonders und bleibe im Camp.
Trotz des langen Wartens ergibt sich kein sauberes Startfenster. Wieder ein Tag, an dem der Weg vom Berg auf Rädern statt unter dem Flügel stattfindet. Aber das gehört zum Sport dazu.
Da das Wetter nach wie vor sehr wechselhaft, mit teils starken Winden und Nässe nicht mehr richtig fliegbar ist, entscheiden wir uns für eine Wanderung am nächsten Tag. Doch dazu kommt es nicht. Eine Bindehautentzündung kleistert über Nacht meine Augen zu und wir fahren ins Gesundheitszentrum Algodonales statt zum Caminito del Rey.
Langsam schwindet die Entzündung, und damit reift der Entschluss:
Wir fahren nach Marokko
Besser gesagt, wir lassen uns verschiffen. Denn der frühe Wintereinbruch ist in Marokko nicht oder nur abgeschwächt zu spüren. Also fahren wir am nächsten Tag nach Tarifa um uns über Fähren nach Tanger zu informieren.
Und dann geht alles sehr schnell: Wir wollen eigentlich nur kurz zum Ticketschalter der Fährgesellschaft, um ein Ticket für die Fähre gegen zwei Uhr zu kaufen. So können wir noch schnell spanischen Rotwein shoppen und das letzte Mal Tapas essen zu gehen. Doch der Parkwächter lässt uns zwecks vollen Parkplatzes bei der Schranke parkieren und der Ticketverkäufer, der praktischerweise auch gleichzeitig der Schrankwart ist, lässt sich unsere Pässe und den Fahrzeugschein geben und überzeugt uns, die Fähre in fünf Minuten sei die Beste. Aber wir wollen doch noch was essen und Wein kaufen! Können wir auch auf der Fähre. Hmm. Na gut, Ticket gekauft, Ausreisekontrolle bewältigt, Fähre befahren. Und wenig später lassen wir das Europäische Festland hinter uns und schaukeln auf riesigen Wellen Afrika zu. Dass wir auf der Fähre weder was Essen noch Wein kaufen können, wundert uns zwar, stört uns aber nicht besonders.