Teslas und Fjorde

Norwegen wartet zwar nicht auf uns, wir kommen aber trotzdem. Nach einer kurzen Nacht an unserem Waldparkplatz, wenige Minuten vom Fähren-Check-In, freuen wir uns schon auf die Überfahrt und das Land, das uns danach erwartet.

Wir kommen überpünktlich an, Anna geht beim Fähre fahren ebenso wenige Risiken ein wie beim Airline-Checkin. Aber Recht hat sie, lieber in der Sonne beim maritimen Steg warten als irgendwo in einem düsteren Wald. Bei Regen sähe die Sache natürlich anders aus.

Aber dann kommen wir an die Reihe. Wir fahren in den dröhnenden Rumpf des übergewichtigen Vehikels. Es riecht nach abgestandenem Wasser und Fisch – oder was davon übrig blieb.

Erstaunlich, wieviele Fahrzeuge in die Fähre passen. Das glaubt man erst, wenn alle verstaut sind.
Wir buchen keine Kabine. Aber bei diesem „Aufenthaltsraum“ sind wir auch froh drum.
Ankunft in Langesund – die Stimmung ist gut. Die Frisur hält.
Der erste Wow-Moment. So darf’s weitergehen.

Dann öffnet das Tor und wir fahren auf Norwegischen Boden. Innerlich freue ich mich schon, auf eine ziemlich kindische Weise, auf den Kontakt mit dem Zollbeamten. Denn ich stelle mir den Dialog folgendermassen vor:

  • Norwegischer Zollbeamter (NZB): Hello Sir. Any goods to declare?
  • Ich (i): Sir, no sir! Only the absolutely legal maximum amount of alcohol in terms of beer and wine, sir! 12 Bottles of delcicious red- and white whine from all over the world and 4 liters of beer. IPA, to be precise.
  • NZB: Show me!
  • i: Sure, sir, come around (steigt aus und öffnet dem NZB die Türe, zeige den Weinkeller, den Kühlschrank, und den Speis wo die „Ware“ deponiert ist. Er rechnet genau nach, alles ok. Er muss aber trotzdem staunen wie schön der Bus ist und wünscht uns noch das allerbeste für die Reise. Und erteilt uns einen Freischein für unbegrenztes Tempo innerhalb Norwegens. Und einen Diplomatenausweis.
  • NZB: (Zu Anna gewandt): Have a wonderful trip, lady. (Und fasst sich leicht einknickend an die Kappe)

Wie es in der Realität von sich ging:

  • NZB: Were are you going?
  • Anna (A – weil sie am Steuer sass): Visit Norway
  • NZB: Good luck.

Ich lernte daraus, dass wenn ich Drama möchte, ich dann auch am Steuer sitzen und ein bisschen Tamtam machen sollte. Ausser man will schmuggeln, dann wirds genau so gemacht wie bei unserem NZB-Erstkontakt.

Nach der Ankunft an unserem ersten Stellplatz machen wir erstmal einen kleinen Spaziergang, schauen uns das Meer an und bereiten köstliche Fajitas zu. Danach ist chillen angesagt.

Unser erster Rastplatz – privater Meerzugang und absolute Ruhe. Schönes Willkommen. Danke!
Lesen in aller Ruhe – sofern man von den Paparazzi nicht gestört wird.

Am nächsten Tag fahren wir weiter in Richtung Kristiansand. Unterwegs entdeckt Anna auf der Karte ein Erholungsgebiet wo wir spontan anhalten und spazieren gehen. Der Halt hat sich gelohnt:

Ruhige, kleine Buchten und zerklüftete Felsen.
Auch ein Kompost-Klo gibt’s. Schön, wie die Norweger hier auch den Verwendungszweck herleiten: Kasten für ekligen Abfall: Toilette. (Frei übersetzt)
Eine Wucht, diese Bucht.
Wir wandern etwas weiter und müssen immer mal wieder anhalten, um den Ausblick zu geniessen.
Dann machen wir einen Halt in einem Café. Der freundliche Inhaber nimmt seine Füsse vom Gartentisch und fragt, was er uns anbieten kann. Den erhofften Eiskaffee gibt’s leider nicht, dafür aber frische Waffeln.

Nach dieser Stärkung geht’s weiter, wir möchten bald nordwärts fahren, doch dafür müssen wir erst den Südlichsten Punkt hinter uns lassen. Wir finden einen Platz zum Übernachten: Zufälligerweise am ältesten und südlichesten Leuchtturm Norwegens, dem Lindesnes Fyr.

Der Lindesnes Leuchtturm. Intaktes Bauwerk und Ruine (drum herum) zugleich
Steile Treppe. Roter Teppich inklusive.
Wir sind nicht die einzigen, die hier nächtigen. Kein Wunder, bei der Kulisse.

Auch hier gucken wir uns um, schauen uns das Museum-Artige Gelände an und lernen beispielsweise, dass das Leuchtfeuer für eine gewisse Zeit in eigens dafür gebauten Bauwerken mit Kohle betrieben wurde. Die armen Teufel mussten tagein-tagaus Kohle schleppen. 250 Tonnen wurden in einem Jahr verheizt. Meiner Meinung nach wäre es günstiger gewesen, das Eine oder Andere Schiff blind gegen die Klippen laufen zu lassen. Aber egal.

Nach dieser erleuchtenden Nacht nehmen wir wieder Kurs auf, fahren Nordwärts und erkennen uns selbst in den umliegenden Dörfern:

Zurück zur Gegenwart. Wo ist Anna? Aha, sie ist…

Unser nächster Halt ist bereits der Letzte vor dem ersten richtig eindrücklichen Norwegischen Natur-Koloss. Dem Preikestolen. Gemäss Reiseführer und online-Portalen ein wahnsinnig überlaufener Touri-Hotspot (4’000 Besucher pro TAG!). Wir planen, nachts um 2 Uhr auszustehen und als Erste um 4:25 für den Sonnenaufgang da zu sein. Dafür muss aber bereits am Abend geduscht werden.

Der Stock hält (noch), ballert aber kurz darauf begleitet von einem geschrienen „ACHTUNG!“ und zwei davonhechtenden Campern zu Boden.

Unser Plan geht auf. In unseren Träumen. In der Realität verschlafen wir und sind, wie alle anderen Touristen auch, zur besten Tageszeit oben. Das tut dem Erlebnis aber keinen Abbruch. Oder vielleicht ist der krasse Kontrast von der bunten Menschenmasse und der atemberaubenden Klippe genau das Element, das einen Herzschlag aussetzen lässt.

Rush hour auf den Tourismus Hotspot Preikestolen.
Wir steigen noch ein „Stockwerk“ höher und schauen uns das Gewusel aus sicherer Entfernung an.
Zeit für ein Selfie? Zeit für ein Selfie!
Man beachte die Schlange links, wo Leute für ein Foto anstehen.
Na, wie findet Ihr’s?
Yup, schöner mit Anna.
Und noch einmal ohne uns, weils halt einfach sein muss.
Zum Abschied noch zwei andere Sujets. Anna mit Spiegelbild.
Und Anna am Abgrund mit Schiff.
Und, weil sich der Trend sowieso nicht aufhalten lässt: Yogis. Diese Gruppe von meditierenden und summ-singenden Yogis haben die ganze Zeit die Augen zu gehabt. Spannend! So kann man die Aussicht auch innerlich geniessen.

Nach diesem Erlebnis machen wir uns wieder an den Abstieg und danach auf die Weiterfahrt. Und wir finden wieder einen genialen Stellplatz. Ziemlich genau Mittig zwischen Kristiansand und Bergen, an einem klaren und erfrischenden See namens Suldalsvatnet.

Am Wasser stehen ist nach wie vor das Beste!
Wir geben Gas
Nichts ist romantischer, als frisch gepflückte Blumen in einer Vase aus Dänischem IPA-Bier.

Hier gefällt es uns so gut, dass wir mittlerweile den zweiten Tag hier sind. Aber morgen gehts weiter. Es gibt noch viel zu sehen von diesem Land!

Hasta la vista, lector!