Achtung: Keine Bilder. Wenn Du lieber scrollen möchtest, dann warte auf den nächsten Beitrag. Das hier musste geschrieben werden.
Nachdem der Beschluss gefasst ist, einen grösseren Hüpfer in Richtung Albanien zu unternehmen, reisen wir in einem Stück die gut vier Stunden durch den Rumänischen Süden nach Serbien. Wir verballern die restliche Lokalwährung, indem wir das Auto nochmals Volltanken und ich mir gut einen Liter Diesel über die Füsse kippe. (Lesson Learned: Beim LKW-Stutzen geht es nicht nur rasant schnell, bis der Tank voll ist. Ein zweites Mal durchdrücken um den Tank „richtig voll“ zu machen ist definitiv keine gute Idee!)
Wir kommen, nachdem ich mir unter unverständlichem Kopfschütteln die Füsse gewaschen habe, an der Rumänischen Seite der Grenze an und eine lächelnde Frau kommt heraus. Wir denken uns schon Glück gehabt, das wird ein Kinderspiel (denn wir haben die Grüne Versicherungskarte, die in einigen Horrorstories mit Serbien die Hauptrolle spielt, nicht im Original sondern nur digital). Die Frau nimmt unsere Dokumente entgegen und verschwindet im Häuschen.
Da kommt ein ebenfalls lächelnder, aber eher süffisant grinsender Zollbeamter hinter ihr raus. Er weist mich erstmals an, auszusteigen. Woher, wohin? Alles klar. Alkohol, Tabak, Waffen? Ein Messer, sonst nichts.
Shit – er will es sehen.
Also hinters Auto, Messer auspacken. Sofort bestaunt er es, klappt es auf, klappt es zu, grinst und schaut mich mit glänzenden Augen an:
„Swiss yes?“ – „Yes, Swiss Army knife“ (Dass es die inoffizielle Version mit Korkenzieher ist, verschwiege ich). Er wiegt es nochmals in der Hand, klappt es auf, klappt es zu. „Very nice, yes?“ „Yes, thanks“ bestätige ich. Dann kommt der Belastungstest. Hält es sich an die Brust und fragt: „Souvenir?“
Nicht einknicken Haase, stark bleiben: „No, sorry.“ … Stille.
Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, gibt er es mir wieder. Das Lächeln ist weg. Auch der Glanz in seinen Augen ist einer gewissen Leere gewichen.
Dann ums Auto, ich soll die Seitentür öffnen.. Ich tu wie mir geheissen, und statt mich anzuweisen, welche Türen ich öffnen soll, steigt er ein und setzt sich aufs Bett! Da ist er wieder, der Glanz in seinen Augen. Er schaut herum, findet meine LED Lenser und nimmt die Taschenlampe heraus.
„Swiss, yes?“ fragt er noch einmal. Ich verneine, oder sage ich wisse es nicht. „Germany, I think“. Er schaut in die Linse und scheint den Power-Knopf drücken zu wollen. Anna warnt noch: „Dont! Don’t look in the light, it’s very powerful!“ Im Moment des Drückens schwenkt er die Lampe und leuchtet auf den Kühlschrank. „Open“ – Wir sollen also den Kühlschrank öffnen. Ich entriegle ihn, ziehe ihn heraus und öffne den Kühlschrank. Er schaut rein. „Ooooh“ – jetzt hat er die Würste entdeckt. Mehr will er aber nicht sehen.
Wir sind uns noch immer nicht sicher, ob er einfach Freude an uns und seinen Funden hatte, oder ob er wirklich auf eine kleine Aufmerksamkeit gepokert hat. Auf jeden Fall sind wir froh, als wir dann unsere Pässe zurückbekommen und weiterfahren dürfen. Ebenfalls froh sind wir, dass der Zöllner nur meine, und nicht Annas Lampe gefunden hat. Denn diese verhält sich zu meiner in etwa wie ein Jumbo Jet zu einem Papierflieger. Hätte er diese gefunden, dänn wären wir noch froh gewesen, er hätte nur das Messer gewollt.
Aber zurück zur Grenzerfahrung, denn es bleibt spannend.
Wir fahren einige Meter und kommen zu einer Spur mit Stopp-Streifen, ca. 50 Meer weiter nochmals ein Stopp und die Schranke. Alles leer und Totenstille. Ich steige aus, schaue mich um, sieht alles verwahrlost aus. Beim ersten Häuschen nichts, also gehe ich um Zweiten bei der Schranke, wo ich einen Menschen drin sehe. Beim Versuch, einzutreten kommt mir schon der Zöllner entgegen und spricht auf Deutsch: „Sehen Sie die erste Stopp – dort ist Polizei. Warten Sie auf Leute, dann kommen zu mir!“
Also wieder zurück zum Auto. Warten bis jemand kommt, denn das Häuschen ist mir „Betreten verboten“ beschriftet. Auch nicht unbedingt eine Einladung, zu klopfen. Wir warten. Und warten. Fehlt eigentlich nur noch ein vorbeiwehender Heuballen, wie man sie aus Westernfilmen kennt. Ich summe bereits die „Spiel mir das Lied vom Tod“-Melodie, da geht die Tür des Polizei-Häuschen auf. Eine Frau und ein Mann treten heraus.
OK; das ist jetzt die Serbische Seite. Was erwartet uns? Die Körpersprache und die Gesichtsausdrücke der beiden lassen keine entspannte Interaktion vermuten. Sie kommen zum Fenster und der übliche Austausch beginnt. Papiere, Absicht und Infos werden getauscht. Aber sie scheinen unserer Einreise nichts entgegen zu setzen. Wir dürfen weiterfahren. Also nun zum Serbischen Zöllner, der uns vorher schon auf Deutsch zu den Polizisten geschickt hat. Diesmal wirds zum Glück eine schnelle Sache. Wieder Papiere, wieder ein paar Fragen, aber in fast sauberem Deutsch, dann dürfen wir einreisen. Grüne Karte? Hat sie nicht interessiert.
Wir sind erleichtert darüber und reisen weiter. Und haben uns zu früh gefreut.
Denn an der Mazedonischen Grenze: pures Chaos. Vier oder fünf Spuren, überall eine Schlange von bestimmt 150 Metern. Und sehr stockendes Weiterkommen. Wir reihen uns ein und arbeiten uns vor. Bis wir, nach gut 40 Minuten, am Beamten-Häuschen sind. Zwei gut gelaunte, junge Zöllner schauen uns an, nehmen die Papiere entgegen. Witzeln. Dann wird der Ton ernst: „Green card?“ Anna reicht ein Original, leider abgelaufen. „This is not valid!“ sagt er nach einer gefühlten Millisekunde. Wir hätten die gültige Variante digital. Versicherung gilt, nur das Papier fehlt leider. Gespielt traurige Blicke. „We need original. You need original. You can park there and buy insurance..“ Er zeigt auf ein Häuschen einige Meter vor uns. Nach einiger Diskussion ist klar: Sie brauchen keinen Versicherungsnachweis. Sie wollen abkassieren. Das ist also der Grund für das Chaos und den Stau. Also weiter um die Versicherung zu kaufen.
10 Minuten später, um 50 Euro in Bar erleichtert, fahren wir weiter. Schade, wir hätten das Geld lieber ins Land bzw. deren Bewohner investiert.
Albanische Grenze? Kein Problem. Der Grenzübertritt dauerte nur 5 Minuten.