Nid d’Aigle – das Adlerest, ist ein kleines aber feines Küsten-Fluggebiet auf der Höhe von Tiznit. Etwa zwei Kilometer vom Meer entfernt erhebt sich eine Klippe auf 280 Meter, wo man beidseits der Strasse einen Startplatz zur Verfügung hat. Auf der einen Seite: Nigel’s Place. Geführt von einem Britischen Aussteiger, riesiger Startplatz und ein Papagei, der flucht. Auf der anderen Seite: Nid d’Aigle: gehört einer Belgischen Business-Frau, gemütliche Bar mit Restaurant, Pool, Resort-Feeling. Auf beiden Seiten können wir an bester Lage parken und haben alle Annehmlichkeiten wie Dusche, Toilette und Abwaschplatz. Also wie ein Campingplatz mit eigenem Take-Off. Die Wahl ist schwer, aber wir entscheiden uns für den Platz mit der besseren Aussicht und parken bei Nigel. Auch, weil wir wahrscheinlich die letzten sind, die das können. Denn er hat soeben an Aigle verkauft.
Aber all das erfahren wir erst später. Denn bei unserer Ankunft herrscht seit langem mal wieder bestes Flugwetter und wir fackeln nicht lange.
Packsack raus, get ready, Fünf-Punkte-Check und Abflug!
Wir fliegen, bis der Wind abstellt. Dies tut er relativ unverhofft, weshalb es heute leider nicht für eine Toplandung reicht. Wir haben Glück, werden direkt nach dem Zusammenpacken mitgenommen und stehen kurz darauf wieder oben. Fürs Fliegen reicht es nicht mehr. Auch am nächsten Tag nicht, aber wir machen uns eine gute Zeit.
Obwohl das Wetter viel Abwechslung bietet, reicht es nicht zum fliegen. Mal ist der ganze Hang im Nebel, mal kommt kein Wind oder von der falschen Seite. Aber immer wieder werden wir von der Sonne besucht und so fällt es nicht schwer, die Zeit an der Küste in vollen Zügen zu geniessen.
Auch am Tag darauf finden wir keine Flugphase aber Gelegenheit, mit Luis aus Uruguay anzustossen.
Der Marokkanische Abend dauert länger, als wir es uns mittlerweile gewohnt sind. Ohne gemütlich beheiztem Wohnzimmer geht man eben früher ins Bett. Zum Glück kann man bei dem Wetter auch guten Gewissens ausschlafen.
Beim Aufwachen erwartet uns ein weiterer Nebeltag – wir machen einen Ausflug nach Mirleft, dem nächstgelegenen Küstendorf.
Am Startplatz können wir erstmals die hiesigen Streifenhörnchen ablichten.
Und dann, am Tag vier sehen wir endlich wieder vertretbare Flugbedingungen. Direkt nach dem Start realisieren wir jedoch, dass es uns ein wenig zu turbulent ist. Anna und ich landen nach einem kurzen Flug und erfahren, dass Luis weniger Glück hatte. Er wurde beim Start etwas verblasen und hat seinen Schirm im Pool versenkt. Sonst ist zum Glück nichts passiert.
Weil uns die Bus-Decke auf den Kopf fällt, schauen wir uns Legzira mit seinem berühmten Steinbogen an. Vom Städtchen her schlendern wir auf dem Strand in Richtung der Sehenswürdigkeit.
Das Wasser ist beim Rückweg schon markant gestiegen und die Wellen fluten die engen Passagen schon bis zu den Felsen. Jetzt ist Timing gefragt um keine nassen Füsse zu bekommen.
Dann schauen wir uns die Küste noch etwas näher an. Hier sollte doch noch irgendwo ein Startplatz sein? Erstmal ein kurzer Mittagsschlaf. Vielleicht verzieht sich der Nebel und es klappt noch zum Fliegen.
Plötzlich lichtet sich der Nebel und wir sehen erste Schirme in der Luft. Wir sind überzeugt und fahren schnell auf die andere Seite der Klippe.
Doch die Phase dauert nicht lange. Als wir einige Minuten später ankommen hat es nur noch ein paar mutige Nebelflieger in der Luft. Andere landen mit angelegten Ohren am Strand. Nichts für uns. Aber wir haben den Startplatz am Berg identifiziert und finden, dieser müsste als Campingplatz eine gute Figur abgeben.
Wir schütteln uns hoch und freuen uns, mal wieder, über die Offroadtauglichkeit unseres Gefährts. Und, mal wieder, belohnt der Ausblick den Aufstieg.
Aber die Aussicht ist nicht die einzige Belohnung: Wir sehen auch einen Skorpion und sind ganz begeistert (vorsichtig begeistert, natürlich).
Auf den Schreck gönnen wir uns erstmal ein Weinchen.
Da das Wetter zwar warm, aber nicht sehr verlässlich fürs Fliegen ist, entscheiden wir uns am nächsten Tag die Küste zu verlassen. Mit diesem Platz haben wir auch einen sehr versöhnlichen Abschied der Region gefunden. Vielleicht haben wir bei unserem nächsten Besuch hier ja etwas mehr Wetterglück.
Nun heisst es: Get ready 4 desert – Wir fahren in die Wüste!
Beschluss gefasst, Route geplant, los gehts. Was uns, neben viel Sand, gut 700 km Östlich der Küste erwartet, erfährst Du im nächsten Beitrag. Nur so viel sei verraten: Nein, wir reiten nicht auf Kamelen. Ja, wir kaufen Teppiche. Ja, wir wissen, dass es eigentlich Dromedare sind. Und nein, wir vergraben uns nicht schon wieder im Sand.