Albanien

Wir verlassen Nordmazedonien über Ohrid, nachdem wir uns den See und das Städchen noch in Ruhe angeschaut haben.

Kirche des Heiligen Johannes von Kaneo

Der riesige Ohridsee ist zu ca. 2/3 in Nordmazedonien und es gibt eine Küstenstrasse nach Albanien. Weil Anna für eine Woche nach Hause fliegt, befahre ich diese jedoch alleine.

Ohne grüne Karte und mit einem Auto, das offensichtlich nicht mir gehört, heissen mich die Albaner in ihrem Land willkommen. So einfach kann es sein. Keine blöden Fragen, kein Blick ins Auto, dessen Fahrzeugpapiere sowieso nicht zum Fahrer passen. Do të ketë të drejtë.

Der erste Halt ist nur wenige Kilometer nach der Grenze an einem Seecamping, wo wieder mal die Wasservorräte aufgefüllt werden. Hier rufe ich Tobi von Ride-Albania an und er gibt mir einige heisse Tipps fürs Land. Danke!

Ausserdem werde ich von einem Krebs in den Zeh gebissen. Nachdem die Verwunderung über das aggressive Krustentier nachgelassen hat, folge ich der ersten Empfehlung: Korça. Hier versorge ich mich erstmal mit lokaler Währung, einer Daten-SIM fürs mobile Internet und schaue mir dann die malerische Altstadt an.

Nach den Besorgungen und Sight-Seeing eine kurze Stärkung mit lokaler Spezialität: Burger.

Beim Auto angekommen erwartet mich jedoch eine Überraschung. Doch was ist es? Ein fröhliches, buntes Papier steckt unter dem Scheibenwischer. Ich versuche herauszufinden, ob ich falsch parkiert habe und wenn ja, wieviel das nun kostet. Aber Hinweise darauf bleiben verborgen und so packe ich das Blatt einfach als Souvenir ein.

Das knifflige Relikt des Parkens.

Als nächstes an der Reihe sind die Benje Thermalquellen. Eigentlich wollte ich die gut drei Stunden am Stück fahren, doch der Weg ist so wunderschön, dass die Fahrt etwas länger dauert und dann doch unterbrochen wird.

Landschaft zum Niederknien.
Ab und zu muss ich einfach anhalten und die Kulisse einsaugen.

Und dann zweigt von der Hauptstrasse ein Kiesweg ab. Ich fahre schon eine Weile an einem einladenden Fluss entlang und halte deshalb Ausschau nach Möglichkeiten, mir dort eine Abkühlung abzuholen. Der eben genannte Kiesweg verspricht genau dies. Und erweist sich als viel mehr als nur eine Abkühlung. Hier ist mein Zuhause für den Rest des Tages (und die darauf folgende Nacht, versteht sich).

Rückwärts und auf Sand fahre ich zum Flussbett runter. Hier erweist sich der Allrad mit All-Terrain Bereifung mal wieder als überaus tauglich.
Blick von FlüBü’s Heck
und einige Meter weiter hinten.

Was die Wolken erahnen lassen, bestätigt dann die Nacht. Ein gewaltiges Gewitter entlädt sich am späten Abend und ein ebenso kräftiger Regen prasselt die ganze Nacht aufs Autodach. Es fällt sogar so viel Wasser vom Himmel, dass sich mein Körper motiviert fühlt, es der Natur gleich zu tun. Die Gewitterwolke in meiner Blase kämpft gegen die Abneigung, bei dem Katzenwetter raus zu gehen. Am Ende gewinnen beide. Nur die arme Pet Flasche hätte sicher ein Wörtchen mit geredet, bevor es in ihrem Bauch warm wird.

Mystische Morgenstimmung. Es hängt noch viel Wasser in der Luft. Der Fluss sieht jedoch nicht mehr so einladend aus.

Dann geht’s weiter. Das gestrige Ziel der warmen Quellen ist immer noch im Navi eingespeichert und führt mich durch die Albanische Landschaft.

Nicht nur wegen der teils abenteuerlichen Strassen dauert die Fahrt hier etwas länger.
Was bei uns knapp als eine Spur durchgeht, ist hier die ganze Strasse. Über den Sinn der Sicherheitslinie bei einer knapp 1-Meter-Spur habe ich lange nachgedacht.
Und dann bin ich da: Die Warme Quelle empfängt den Besucher mit einem deutlichen, aber nicht zu strengen Schwefel-Geruch.
die angelegten Bassins werden rege genutzt. Das Wasser ist aber kühler als erwartet. Ich schätze 30-32 Grad.

Nach dem Bad im semi-warmem Wasser und einem kurze Spaziergang Flussaufwärts packt mich aber wieder das Fahr-Fieber: Das Meer wartet. Ich lege die verbleibende Strecke zur Küste an einem Stück zurück und atme dankend die salzige Meeresbrise ein.

Kristallklares Wasser. Hier etwas nördlich von Saranda.

Die nächsten Tage gondele ich gemütlich die Küste aufwärts und bin leider etwas Foto-Faul. Wenn Dir das alles viel zu schnell geht und Du 40 Minuten Zeit hast, hier ein schönes Video zu Albaniens Süden:

Weiter führt mich der Weg über den Llogara-Pass nach Vlora. Der Pass alleine ist schon eine Sensation und wahre Freude zu fahren. Ich hatte Glück und hatte nie jemanden vor oder hinter mir.

So hoch, dass in der diesigen Luft die Grenze zwischen Meer und Himmel verschwimmt.
Und ganz oben, an spektakulärer Lage:
Ein Gleitschirm-Startplatz. Mehrere Fluggebiete hier stehen bereit, der Wind spielte jedoch leider nicht mit. Hier spült er gerade die Wolken von hinten über den Gipfel.

In Vlora angekommen fahre ich direkt weiter. Den Lärm und Dreck der Stadt tausche ich gegen die Idylle der Narta Lagune aus. Auf der Meeres-Seite gibt es einen riesigen Strand, der FlüBü’s Reifen stand hält und fast menschenleer ist.

Reifenspuren deuten darauf hin, dass hier rege gefahren wird.
Fast am Ende des Strandes „parkiere“ ich und schaue mir mal die Gegend an.
Blick von Oben
Gruss von Oben

Nach einer Mücken-geplagten Nacht fahre ich dann doch nochmals ein Stück ins Land. Es Lockt: Berat. Die Stadt der tausend Fenster und 30’000 fehlenden Einwohner.

Der Fluss Osum.
Ein kleines Gässchen abseits der Massen
Wiki: Seit 2008 UNESCO-Welterbe. In drei Stadtteilen mit den typischen historischen weißen Häusern sind Neubauten verboten

Nach der Durchfahrt in Vlora und einigen Schlender-Stunden in Berat habe ich fürs Erste wieder genug von der Zivilisation und finde einen wahrlich erhabenen Platz. Oberhalb des Bovilla Stausees gäbe es einen Platz für Allrad-Fahrzeuge, so eine einschlägige App.

Dass der Weg dahin dann so sportlich wird, hätte ich nicht gedacht. Im Ersten Gang den Berg hoch kraxelnd schraube mich vorsichtig im tiefen Schotter aufwärts, bis ich bei einer gleichfalls engen wie steilen Kurve Angst bekomme, all das auch rückwärts wieder runter fahren zu müssen. Denn Wende- geschweige denn Stellplätze habe ich bisher noch keine entdeckt. Ich setze ein wenig zurück um diese Kurve in einem Schwung nehmen zu können. Und obwohl ganz kurz alle vier Räder im Schotter durchdrehen, greift nach einigen Schreck-Momenten die Traktion und FlüBü kämpft sich wacker weiter. Nach einigen Metern und weniger haarsträubenden (haha, ich weiss, was Du denkst!) Kurven sehe ich dann endlich meinen Platz. Erleichtert und glücklich parkiere ich ein und geniesse die Aussicht.

Oberhab des Sees, der Tirana mit Trinkwasser versorgt.
Ein kleines Feuer unterstreicht die andächtige Stimmung

Tags darauf heisst es frühzeitig losfahren: Am Flughafen Tirana hole ich Anna ab. Nun sind wir wieder vollzählig und fahren ans Albanische Meer, von dem Anna leider noch nichts gesehen hat. Und wie immer gibt es gute und schlechte Nachrichten.

Die Gute: Der Sonnenuntergang hier ist atemberaubend

Die Schlechte: Ich habe FlüBü geschrottet

Voller Freude, nun etwas am Meer zu Chillen und einen NOCH BESSEREN Platz gefunden zu haben. Will ich nur kurz umparkieren. Tja. Das nur kurz umparkieren endet in einem Knall mit erschrockenen Blicken und geborstenem Plastik. Und verbeultem Blech. Und traurigen Bäumen. Besonders traurig: Der junge Baum der sich zwischen Seiten- und Rückspiegel hinter der linken C-Säule versteckte aber letzten Endes doch gefunden wurde:

Wir nennen ihn Strotzi. Weil er vor Kraft strotzt.

Weil Sonntag ist, können wir heute sowieso nichts mehr machen. Wir geniessen den Abend und versuchen, FlüBü’s schmerzendes Hinterteil so gut wie möglich zu vergessen.

Doch der Montag folgt, und wir fahren zu VW Tirana. Die können uns das bestimmt flicken.. Aber komm erstmal durch Tirana’s Verkehr!

Ein dreispuriger Kreisverkehr wird zum puren Chaos. Jeder will sich noch irgendwo reindrücken.

Wir schaffen es zu VW aber der dortige Reparaturmeister schüttelt nur den Kopf. Keine Zeit. Auf die Frage, ob sie einen „trusted Partner“ empfehlen können, fahren wir dann diesen an. Und tatsächlich: Wenige hundert Euro und zweieinhalb Tage wird es dauern. Wir sollen am nächsten morgen um 9:00 Uhr das Auto bringen. Also wieder zurück zum Camping. Noch eine Nacht am Strand vor drei Tagen Tirana. Wir tanken so viel Entspannung wie es nur geht.

Die selbstgebaute Insel des Campings ist mit einem Holzsteg mit dem Land verbunden.
Karibik-Feeling pur.
Wir geniessen noch einen Sonnenuntergang

Und dann fahren wir bereits das nächste Mal nach Tirana. Bei Auto-Servis Kampion geben wir FlüBü in professionelle Hände und lasse uns dann von einem Taxi ins Hotel chauffieren.

Nach dem Check-In direkt die Stadt erkunden. Erster Stopp:

Mittagessen im Mullixhiu. Hier wir das Mehl für die diversen selbst gemachten Teigwaren direkt frisch gemahlen.

Zum Dessert spendiert uns das Restaurant noch eine Art Joghurt-Drink in der Pfeife. Im Hintergrund die Mühlen.

Und wenn wir schon mal hier sind, dann schauen wir uns Tirana natürlich auch an. Noise-Cancelling Kopfhörer wären jedoch genau so willkommen wie noch nicht erfundene Gestank-Neutralisierende Nasenpfropfen. Ansonsten hat die Stadt aber ganz hübsche Ecken, wenn man es durch die hektischen Strassen schafft.

Der Skanderberg-Platz
Aussicht vom Glockenturm
Ein Beispiel der vielen Street-Art-Werke. Diese sind überall in Tirana verteilt und unserer Ansicht nach ein Highlight der Stadt.

Wir vertreiben uns die Tage mit Essen, schlendern und Jassen. Am dritten Tag ist das Auto dann leider nicht wie erwartet am Morgen bereit. Das bestellte Rücklicht-Modul ist noch nicht da. Wir checken beim Hotel aus und überlegen uns, wie wir die verbleibende Zeit noch rumkriegen.

Mit Sushi, so denken wir uns, kann man nie etwas falsch machen. Das Restaurant Salt nimmt uns auf versüsst uns die Wartezeit mit hammer Sushi:

Ein Fest der Sinne.

Und dann ist es so weit: Wir können unser Gefährt wieder abholen. Und zu unserer grossen Freude sieht FlüBü frischer und besser aus denn je:

Dieser schöne Rücken kann nun definitiv wieder entzücken.

Wir umarmen die komplette Garagen-Crew und steigen ein. Montenegro wartet!

Wir fahren los und lassen immer mehr von Albanien im Rückspiegel zurück. Ein wunderschönes Land mit extrem viel Potential, einem enormen Müll-Problem aber dafür einem abartigen Überfluss an Autowaschanlagen, die hier Lavazh heissen.

Und nun zu den Ehrungen der Woche:

Mitarbeiter der Woche:

Das SBB-Kartenset ist bei uns genauso regelmässig im Einsatz wie die SBB pünktlich ist. Danke Deby!

Lied der Woche: Rainin in Paradize

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